Geothermie: Energie aus der Tiefe der Erde
Tief im Boden steckt eine ergiebige Energiequelle – auch in Deutschland. Sie anzuzapfen könnte uns von Importen unabhängiger machen. Warum nutzen wir ihr Potenzial kaum?
von Jörg Albrecht und Andreas Frey
An einem Wochentag im Dezember 1973, so berichtete der »Spiegel« in einer Rückschau, blickte der Besitzer einer Tankstelle im Westerwald in die Mündung einer gezückten Pistole, als er dem Fahrer eines Mercedes 280 SE nur noch 15 Liter Benzin überlassen wollte. Der Treibstoff war rationiert worden, weil die Ölstaaten beschlossen hatten, den Rest der Welt mit einem Lieferboykott zu bestrafen. Autofahrer kamen auf die Idee, Treibstoff aus fremdem Tanks mit Hilfe von Schläuchen abzusaugen. Eine Hamsterwelle ging durchs Land.
Was war geschehen? Ägyptische und syrische Truppen waren am jüdischen Feiertag Jom Kippur überraschend auf dem Sinai und den Golanhöhen einmarschiert. Israel drohte mit dem Einsatz von Kernwaffen. Als die Sowjetunion begann, die arabische Seite militärisch zu unterstützen, griffen auch die Vereinigten Staaten ein und versetzten ihre nuklearen Einsatzkräfte in Alarmbereitschaft. Gerade noch rechtzeitig konnte ein Waffenstillstand ausgehandelt werden.
Die Folgen des Krieges bekam der gesamte Westen zu spüren. Algerien, der Irak, Katar, Kuwait, Libyen, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate fuhren aus Protest ihre Ölförderung herunter. Der Ölpreis stieg in kurzer Zeit um 70 Prozent. Der deutsche Bundestag beschloss ein »Energiesicherungsgesetz«. An vier aufeinander folgenden Sonntagen wurde ein generelles Fahrverbot verhängt. Autohersteller meldeten Kurzarbeit an, Fabriken wurden geschlossen. Und die Prognosen waren düster. Der Club of Rome hatte schon im Jahr davor die »Grenzen des Wachstums« prophezeit.
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